Verhandlungsfehler im M&A-Prozess können teuer werden – sind aber vermeidbar! – Teil 5/5

Prof. Dr. Annette Blöcher, TH Köln & Joachim Hahn, complemus consulting GmbH

6. Emotionen in Verhandlungen

Die angeführten Verhandlungsfehler werden auch bei erfahrenen Verhandlungsführern beobachtet. Wer schon einmal eine Verhandlung geführt hat, weiß, dass Emotionen zu irrationalem Verhalten führen können. Doch trotz dieses Problembewusstseins ist die Gefahr zwar erkannt, aber noch lange nicht gebannt. Die be­sondere Schwierigkeit bei Verhandlungsfehlern durch Emotionen liegt nicht in dem mangelnden Problem­bewusstsein, sondern in der Vielzahl verschiedener Emotionen und der unterschiedlichen Auswirkungen. Hinzu kommt, dass der Verhandlungsführer sich oft selbst nicht bewusst ist, dass seine Entscheidungen maßgeblich von Emotionen geleitet werden. Die Ver­handlungsführer werden durch Sympathien und Anti­pathien, Angst, Wut, Glück meist unbewusst beein­flusst. Ärgert man sich über seinen Verhandlungspartner oder hat Angst, neigt man dazu, härter zu verhandeln und eventuell sinnvolle Kompromisse abzulehnen. Ist man glücklich oder mag man seinen Verhandlungspartner, neigt man zu weitreichenderen Zugeständnissen und räumt schneller eigene Positionen.

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(Vgl. dazu Fisher, R./Ury, W./Patton, B. (1983): Das Harvard-Konzept. Campus Verlag. 22., durchgesehene Auflage 2004, S. 58 ff.)

Den Autoren ist eine Verhandlungssituation bekannt, in der sich die Anwälte der beiden Parteien im wahrs­ten Sinne des Wortes nicht riechen konnten. Physische Verhandlungen waren emotional aufgeladen und en­deten regelmäßig in ineffizienten „Scharmützeln“ der beiden juristischen Kontrahenten. Aufgrund von Ter­minengpässen musste eine Verhandlung telefonisch durchgeführt werden. In dieser telefonischen Verhand­lungsrunde kam es überraschenderweise nicht zu Anfeindungen der Anwälte. Offensichtlich hat der ver­miedene Blickkontakt der beiden Kontrahenten die Emotionen gezügelt. Der Verhandlungsführer hat dar­aufhin entschieden, die folgenden Verhandlungsrunden ebenfalls telefonisch durchzuführen.

Die Lösung des Problems der Emotionalität in Ver­handlungen ist schwierig. Ist sie richtig erkannt, muss sie von der emotional beeinflussten Person akzeptiert werden. Eine Möglichkeit zur Lösung bieten Verhandlungsseminare mit Schwerpunkt auf psycholo­gischen Aspekten von Verhandlungen, in denen man lernt, Emotionen zu identifizieren und bewusst zu steuern. Solche Schulungen erhalten in der Unterneh­menspraxis allerdings die wenigsten Verhandlungs­führer. Bei Verhandlungen im Team ist deshalb zu empfehlen, dass erfahrene Mitglieder des Verhand­lungsteams, die nicht als Verhandlungsführer agieren, oder der Entscheider potenziell schädliche Emotionen thematisieren und Lösungen anbieten.

7. Handlungsempfehlungen für die Praxis

Zur Vermeidung von Verhandlungsfehlern – auch im Falle erfahrener Verhandlungsführer – empfiehlt es sich, M&A­-Prozesse und Verhandlungsabläufe weitgehend zu standardisieren, das heißt feste Genehmigungspro­zesse, Feedbackschleifen sowie eine definierte Team­struktur und eindeutige Verantwortlichkeiten festzule­gen.

Aus den oben aufgezeigten möglichen Verhandlungs­fehlern lassen sich darüber hinaus konkrete Handlungs­empfehlungen für die Praxis ableiten, um den Ver­handlungserfolg zu erhöhen:

  • Machen Sie sich bewusst, dass eine Verhandlung schon mit der ersten Kontaktaufnahme beginnt – seien Sie vorbereitet!
  • Seien Sie selbstkritisch und besetzen Sie das Ver­handlungsteam richtig! Der Entscheider sitzt nicht am Verhandlungstisch, ansonsten berauben Sie sich selbst einer hilfreichen Eskalationsmöglichkeit!
  • Analysieren Sie die Motivstruktur nicht nur des Verhandlungspartners, sondern auch des eigenen Teams und der übrigen Stakeholder!
  • Ziehen Sie erfahrene Berater hinzu, die in Ihrem Sinne incentiviert werden und mit ihren Fachkennt­nissen Objektivität in den Verhandlungsprozess bringen!
  • Setzen Sie ein festes Limit! Egal was ein Konkurrent bereit ist für das Transaktionsobjekt zu bezahlen, das Unternehmen muss für Sie strategisch passen und der Kaufpreis muss objektiv gerechtfertigt sein!
  • Sunk Costs sind nicht entscheidungsrelevant! Scheu­en Sie keinen Abbruch der Verhandlungen, wenn der Deal nach neuestem Erkenntnisstand für Ihr Unternehmen keinen Sinn macht!
  • Gesetzte erste Anker sind schwer zu entkräften! Eine objektivierte Unternehmensbewertung auf Ba­sis fundiert plausibilisierter Annahmen eines neu­tralen Dritten führt zu einer angemessenen Bewer­tung und einer guten Verhandlungsgrundlage.
  • Achten Sie auf Ihre Emotionen und die des Ver­handlungspartners. Haben Sie den Mut, die Organi­sation der Verhandlung oder das Verhandlungs­team anzupassen, wenn die Gefahr besteht, dass Emotionen den Verhandlungserfolg gefähr den.

Prof. Dr. Annette Blöcher ist Professorin an der Technischen Hochschule Köln. Sie lehrt, forscht und berät zu den Themenbereichen Mergers & Acquisitions, Entrepreneurship und Change Management. Sie verfügt über langjährige praktische Erfahrungen in den Bereichen Unternehmensbewertung, Due Diligence und Post Merger Integration, die sie in über zwölf Jahren bei Deloitte und PwC gesammelt hat.
Email: annette.bloecher@th-koeln.de

Joachim Hahn ist Gründer und Geschäftsführer der M&A Boutique complemus consulting. complemus consulting ist spezialisiert auf die ganzheitliche Transaktionsberatung aus einer Hand. Zu den Mandanten zählen sowohl internationale Konzerne als auch der Mittelstand.
Email: j.hahn@complemus-consulting.com

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