Verhandlungsfehler im M&A-Prozess können teuer werden – sind aber vermeidbar! – Teil 1/5

Prof. Dr. Annette Blöcher, TH Köln & Joachim Hahn, complemus consulting GmbH

1. Einführung

Verhandeln ist eine erlernbare Kunst. Erlernbar, da gutes Verhandeln auf festen Prinzipien und Ver­handlungstechniken beruht, die jedermann vermittel­bar sind. Gleichzeitig ist Verhandeln aber auch eine Kunst, bei der Menschenkenntnis, Feingefühl, Gelas­senheit und emotionale (Selbst­)Kontrolle erfahrener Verhandler einen großen Unterschied machen.

Verhandlungsfehler beruhen bei weniger erfahrenen Akteuren oft auf der Missachtung oder Unkenntnis fundamentaler Verhandlungsgrundsätze. Schlechte Vor­bereitung, kein Denken in Alternativen, mangelhafte Abstimmung im Verhandlungsteam sind dabei häufige Fehlerquellen. Erfahrenen Verhandlern passieren diese Fehler selten. Dennoch sind sie, ebenso wie unerfahre­ne Verhandlungsführer, nicht vor Verhandlungsfehlern gefeit. Deren Ursachen haben in der Regel nichts mit Unkenntnis oder Missachtung von Verhandlungsgrund­sätzen zu tun, sondern liegen oft im emotionalen und psychologischen Bereich oder sind durch kognitive Verzerrungen begründet.

Der vorliegende Beitrag konzentriert sich auf in der Praxis häufig auftretende Verhandlungsfehler und ver­sucht anhand der vielfältigen Ursachen Vermeidungs­strategien aufzuzeigen.

2. Verhandlungsfehler im M&A-Kontext

In wirtschaftlichen Prozessen wird davon ausgegangen, dass alle Akteure ihre Handlungsoptionen kennen und gemäß ihrer Nutzenmaximierung handeln. Dass diese Annahme rein theoretisch ist, zeigt schon die Tatsache, dass M&A­Transaktionen auf der einen Seite oft ange­botsgetrieben sind, das heißt es werden nicht alle zur Verfügung stehenden Handlungsoptionen (im Sinne von internem Wachstum und/oder alternativen Akqui­sitionsobjekten) gesucht und analysiert, sie aber auf der anderen Seite sehr konjunkturabhängig stattfinden, das heißt dass nicht nur nach den eigenen Präferenzen ent­schieden wird, sondern auch sehr danach geschaut wird, wie sich die anderen Akteure verhalten. Für die Zwecke dieser Untersuchung sollen lediglich Ver­handlungsfehler erfahrener Verhandlungsführer be­trachtet werden, die trotz der Beachtung sämtlicher Verhandlungsgrundsätze begangen werden können. Der Maßstab für die Beurteilung, ob ein Verhandlungs­fehler vorliegt, soll die Nutzenmaximierung des ver­tretenen Unternehmens sein. In Verhandlungen han­deln die M&A­ Akteure im Sinne ihres Unternehmens, wenn sie gemäß der Transaktionsziele das bestmögliche Verhandlungsergebnis für den Auftraggeber erzielen. Aus vielfältigen Gründen kommt es in der Praxis zu Abweichungen von diesem idealen Verhalten.

M&A­Verhandlungen sind aufgrund des hohen Infor­mationsumfangs, der Berücksichtigung verschiedenster Akteure und Interessen sowie der Tragweite der Ent­scheidungen hochkomplexe Prozesse, die regelmäßig unter großem Zeitdruck stattfinden. Diese Komplexität führt dazu, dass M&A­ Akteure häufig unbewusst auf Heuristiken zurückgreifen, das heißt auf Vereinfachun­gen (Faustregeln), um die Komplexität mental zu reduzieren und Lösungen zu finden. Diese Faustregeln sind in vielen Situationen sehr nützlich, führen allerdings häufig auch zu Fehlern, derer sich der Betroffene häu­fig selbst nicht bewusst ist. Zudem kann der Verhand­lungsführer eigene, zu Unternehmensinteressen kont­räre Ziele verfolgen. Er kann emotional beeinflusst sein durch private Probleme, Sympathien oder Antipathien, Angst oder Übermut. Eine weitere Ursache von Ver­handlungsfehlern können kognitive Verzerrungen oder Täuschungen sein.

Macht man sich diese Mechanismen bewusst, sind viele dieser Fehler vorhersehbar und damit zu einem großen Teil vermeidbar.

Prof. Dr. Annette Blöcher ist Professorin an der Technischen Hochschule Köln. Sie lehrt, forscht und berät zu den Themenbereichen Mergers & Acquisitions, Entrepreneurship und Change Management. Sie verfügt über langjährige praktische Erfahrungen in den Bereichen Unternehmensbewertung, Due Diligence und Post Merger Integration, die sie in über zwölf Jahren bei Deloitte und PwC gesammelt hat.
Email: annette.bloecher@th-koeln.de

Joachim Hahn ist Gründer und Geschäftsführer der M&A Boutique complemus consulting. complemus consulting ist spezialisiert auf die ganzheitliche Transaktionsberatung aus einer Hand. Zu den Mandanten zählen sowohl internationale Konzerne als auch der Mittelstand.
Email: j.hahn@complemus-consulting.com

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