M&A-Verhandlungen erfolgreich führen – Teil 3/4

Am Verhandlungstisch – technische und taktische Aspekte

Der Einstieg in Präsenzverhandlungen sollte dazu genutzt werden, ein angenehmes Verhandlungsklima herzustellen. Die richtige „Chemie“ zwischen den Ver­handlungspartnern ist ein wesentlicher Faktor für den Erfolg. Dies hat nichts mit weichem oder hartem Verhandlungsstil zu tun. Hart in der Sache, freundlich und respektvoll im Umgang ist kein Widerspruch. Der Smalltalk über die Anfahrt, das Wetter oder den Verhandlungsort ist eine einfache Möglichkeit für einen unverkrampften Einstieg.

Jede Partei sollte ihre Teilnehmer am Tisch unter Nen­nung der Gesellschaft, Organisationseinheit, Funktions­bereich und der Rolle im M&A-­Prozess vorstellen. Der Verhandlungsführer sollte dabei erwähnen, welche Entscheidungsbefugnisse er hat und welche weiteren Entscheidungsträger oder Gremien in seiner Organi­sation noch einzubeziehen sind. Erwähnt der Verhand­lungspartner die Entscheidungsbefugnisse nicht, sollte man auf jeden Fall nachfragen.

Vor Einstieg in die inhaltlichen Verhandlungen ist es empfehlenswert, die Agenda für den Verhandlungstag abzustimmen. Was soll inhaltlich an dem Tag erreicht werden? Welche Zeit wird dafür benötigt? Was sind die nächsten Schritte danach? Wer erstellt den nächs­ten Mark­up? Es scheint früh, sich vor Beginn der Verhandlungen auf die Erstellung des nächsten Mark­ups zu einigen. Allerdings ist dies für den Ersteller hilfreich, um sich während der Verhandlungen ent­sprechende Notizen zu machen.

Schon in dieser Einstiegsphase werden erste Anker hinsichtlich der Verhandlungsmacht eingeschlagen. Wer nimmt das Heft des Handelns in die Hand und bestimmt die Agenda? Werden klare Deadlines für Meilensteine gesetzt und auch eingehalten? In der Regel gibt der Verkäufer als Gastgeber die Taktung vor. Tut er dies nicht und überlässt dem Käufer das Feld, be gibt er sich in die Defensive. Dies könnte auch dahingehend interpretiert werden, dass es ein eher schwacher Verkaufsprozess ist.

In der ersten Verhandlung sollten die Parteien einmal den kompletten Vertrag durchsprechen. Nur so erhält man den Gesamtüberblick der strittigen Themen und deren Qualität. In einer Auktion kann ein Verkäufer nur so möglichst zügig die Attraktivität der Käufer ver­gleichen. Außerdem verhindert es, dass man zu schnell in Details des Vertrages einsteigt und den Überblick verliert. Als Einstieg sollte derjenige, der die letzten Anmerkungen zu einem Vertragsdokument erstellt hat, seine Änderungen oder Formulierungen erklären. Dies mündet in die erste der im Folgenden erläuterten tak­tischen Empfehlungen für die Verhandlungsphase:

3.1 Interpretation von Verhandlungspositionen

Unklare Vertragsformulierungen oder Mark­ups sollten nicht interpretiert und auf keinen Fall auf Basis einer eigenen Interpretation erwidert werden. Interpretiert man negative Dinge in Formulierungen der Gegenseite, kann es dazu führen, dass man den Verhandlungspart­ner auf Dinge aufmerksam macht, die er gar nicht im Sinn hatte. Deshalb sollte man bei Unklarheiten immer auf eine Erklärung der Gegenseite pochen. Zudem er­fährt man bei den Erklärungen die Hintergründe und Motive der Formulierung und kann adäquater darauf reagieren.

3.2 Feilschen um Positionen

Ein Feilschen um Positionen kann schnell in eine Sackgasse führen. Ein Bieter fordert beispielsweise eine deutlich erhöhte Haftungsbegrenzung des Verkäufers ein. Man kann sich schnell in der Diskussion um die absolute Höhe der Haftungsbegrenzung zum Unmut beider Parteien verhaken. Wichtig ist, hinter der Position das Motiv des Bieters zu verstehen. Dies macht man mit der einfachen Frage „Was sind Ihre Bedenken bei der aktuellen Höhe der Haftungsbegrenzung?“ Die Antwort könnte sein, dass der Käufer Bedenken hat, dass ein mit Schadstoffen belastetes Grundstück in der Nähe eines Wohngebietes unüberschaubare Haftungs­risiken birgt. Nun kennt der Verkäufer das Motiv und es eröffnen sich mehr Möglichkeiten für eine Lösung des Problems als bei Feilschen um die Höhe der Haf­tungsbegrenzung.

3.3 Rote Linien

Der gute Verhandlungsführer ist ein „Dealmaker“, kein „Dealbreaker“. Vor diesem Hintergrund ist zu vermei­den, rote Linien zu ziehen und den Begriff „Dealbreaker“ zu verwenden. Droht man mit dem Abbruch der Verhandlungen unter bestimmten Bedingungen und bricht die Verhandlungen trotz Eintreten des Deal­breakers nicht ab, verliert man massiv an Glaubwürdig­keit. Beendet man tatsächlich die Verhandlungen, ist in aller Regel auch keiner Seite geholfen.

3.4 Schnelle Zugeständnisse

Man sollte sich nicht unter Druck setzen lassen. Verhandlungen scheitern nicht daran, dass man eine Entscheidung nicht sofort fällt, sondern daran, dass man falsche Entscheidungen trifft. Bei Forderungen der Gegenseite kann man je nach Attraktivität der Forderung wie folgt reagieren, ohne direkt eine Entscheidung zu treffen oder ein Zugeständnis zu machen:

  • Neutrale Reaktion: „Wir hören Sie (klar und deut­lich).“
  • Positive Reaktion: „Darüber könnten wir nachden­ken.”
  • Negative Reaktion: „Dies wird schwierig.”

Mit diesen Formulierungen und dem Sammeln von strittigen Vertragspunkten eröffnet sich die Möglich­keit, im späteren Verlauf der Verhandlungen mehrere strittige Punkten in einem Paket zu verhandeln. Auch wenn man bei überzogenen Forderungen der Gegen­seite erst intern Rücksprache halten muss, sollte man eine klar ablehnende Äußerung machen (z.B. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass unsere Geschäftsführung dazu bereit ist.“), um ein starkes Signal zu setzen und die Erwartungen der Gegenseite zu dämpfen.

3.5 Eskalation

Der Entscheider oder das Entscheidungsgremium im Hintergrund kann zur Eskalation genutzt werden, um Forderungen zurückzuweisen, ohne dass man dies als Verhandlungsführer selbst vertreten muss. Mit der Formulierung „dies ist für unsere Geschäftsführung sehr wahrscheinlich nicht akzeptabel“ hat man die Ablehnung quasi delegiert. Das Verhältnis zum Ver­handlungspartner leidet weniger als bei direkter Ablehnung, und das eigene interne Entscheidungsgre­mium wird durch die Positionierung als höhere Instanz aufgewertet.

3.6 Time-outs

Am Verhandlungstisch ist eine Kommunikation inner­halb des Verhandlungsteams nur schwer möglich. Bei Klärungsbedarf im Team sollte jeder den Verhand­lungsführer um ein Time­out zur internen Besprechung bitten können, in dem man das Thema klären kann. Es bietet sich an, in längeren Verhandlungen alle zwei bis drei Stunden Time­outs einzulegen, in denen das Verhandlungsteam sich über Ergebnisse und Fort­gang der Verhandlung austauschen kann.

3.7 Sprechpausen

Nicht jede Sprechpause in Verhandlungen muss gefüllt werden. Manche Aussagen müssen erst einmal wirken können. Sprechpausen auszuhalten, ist oft nicht ein­fach, aber umso wirksamer. Ein Beispiel: Eine Partei stellt eine aggressive Forderung. Wenn sie danach eine Pause einlegt und die Reaktion der Gegenseite abwar­tet, ist ihre Forderung glaubwürdig und wird ernst ge­nommen. Was geschieht, wenn die Partei – bevor der Verhandlungspartner reagieren kann – mit Erklärungen und Rechtfertigungen aufwartet, warum dies aus ihrer Sicht ein berechtigtes Anliegen sei? Damit entwertet sie ihre Forderung selbst, gerät in die Defensive und kann während sie redet die Reaktion der Gegenseite schlech­ter beurteilen als wenn sie schweigen und zuhören würde. Pausen aushalten ist nicht immer leicht, aber sehr wirksam.

3.8 Bewertung eigener Vorschläge

Eigene Forderungen oder Kompromissvorschläge sollten nicht bewertet werden. Die Aussage „ich habe einen fairen und ausgewogenen Kompromissvor­schlag“ werden den Verhandlungspartner eher miss­trauisch machen. Die Beurteilung, ob ein Vorschlag fair und ausgewogen ist, trifft man gerne selbst.

3.9 Argumente – Qualität vor Quantität

Bei zu vielen Argumenten in der Diskussion ist Vorsicht geboten. Erfahrene Verhandlungsführer werden versu­chen, nur das schwächste Argument zu diskutieren. Dann steht man schlecht da, obwohl man eventuell zwei sehr gute Argumente hatte. Lieber zwei sehr gute Argumente als vier Argumente, von denen zwei eher schwächer sind.

3.10 Verhandlungspakete

Eine zentrale taktische Vorgabe ist es, keine einzelnen Verhandlungspunkte ohne Gegenleistung aufzuge­ben. Wie oben erwähnt, sollte der Grundsatz der Reziprozität immer gewahrt und im Gegenzug eine eigene Verhandlungsposition durchgesetzt werden. Noch effektiver ist es, wenn mehrere strittige Punkte zusammengefasst und als Paket verhandelt werden. Zum einen kommt man dadurch in den Verhand­lungen zügiger voran, zum anderen bietet die Ver­handlung von Paketen deutlich mehr Lösungsmög­lichkeiten und vermeidet damit das Feilschen um Positionen.

3.11 Emotionen und Körpersprache

Die eigene Verhandlungsposition wird nicht nur durch objektive Fakten und externe Faktoren bestimmt, son­dern nicht unwesentlich auch vom Auftreten und der Souveränität des Verhandlungsführers. Wer schnell die Nerven verliert und seine Beine unter dem Tisch nicht ruhig halten kann, gibt damit ungewollt Hinweise auf seine Verhandlungsposition. Sendet man trotz einer objektiv starken Verhandlungsposition solche Signale, kann es zu Fehleinschätzungen führen, die die Verhandlungen insgesamt gefährden können.

Emotionen können in Verhandlungen bewusst einge­setzt werden. Das Zeigen von Ärger oder Enttäuschung kann – gezielt eingesetzt – die eigenen Argumente unterstützen. Allerdings ist darauf zu achten, dass man die Emotionen steuert und nicht von ihnen gesteuert wird.

3.12 Vereinbarung nächster Schritte

Am Ende der Verhandlungen sollten die nächsten Schritte besprochen und eindeutige Verantwortlich­keiten und Deadlines bestimmt werden. Idealerweise erfolgt die Dokumentation direkt in dem zu verhan­delnden Dokument und nicht als separates Protokoll. Oft geschieht dies in einem neuen Mark­up auf den aktuellen Vertragsentwurf oder zu Beginn der Verhand­lungen in einem Letter of Intent.

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