M&A-Verhandlungen erfolgreich führen – Teil 2/4

Verhandlungsvorbereitung

2.1 Organisatorisches

Als Verhandlungsort werden oft die Räumlichkeiten des Veräußerers, Meetingzentren oder Hotels in der Nähe des Verkäufers gewählt. Letztere sind notwendig, wenn die Transaktion in der Verkäuferorganisation noch ver­traulich behandelt werden soll. Als Räumlichkeiten sollte ein großes Verhandlungszimmer sowie mindes­tens ein Break-­out-­Raum eingeplant werden, in den sich eine Partei für interne Besprechungen zurückziehen kann. In jedem Fall sollten Flipcharts, Beamer und W-­Lan­-Zugang vorgesehen werden. Ein Drucker ist nützlich für die Schlussphase der Verhandlungen, um die Umsetzung der Einigungen zu beschleunigen und unterschriftsfähige Dokumente vor Ort zu erzeugen. Der Zeitbedarf sollte in Abhängigkeit der Verhand­lungsagenda großzügig bemessen werden. Nicht zu vergessen die Versorgung mit Essen und Getränken.

2.2 Zusammenstellung des Verhandlungs- und
Expertenteams

Die Teamstruktur der an der Verhandlung mittelbar und unmittelbar Beteiligten ist in Abbildung 1 veranschau­licht.

Der finale Entscheider kann der Gesamtvorstand, ein Geschäftsführer oder Spartenleiter sein. Er ist in der Regel hierarchisch hoch in der Organisation angesie­delt und in letzter Konsequenz verantwortlich für die Verhandlung bzw. das Gesamtprojekt. Er greift nicht unmittelbar in die Verhandlungen ein. Ausnahme sind abgestimmte und vorbereitete „Top­-Level Calls“, in denen zentrale Streitpunkte eskaliert werden können.

Im Rahmen der Vorbereitung gibt der finale Entschei­der den Verhandlungsrahmen vor. Innerhalb dieses Rahmens kann das Verhandlungsteam ohne Rück­sprache selbstständig entscheiden. Es bietet sich an, dass der Entscheider zuvor vom Verhandlungsteam über die kritischen Verhandlungsthemen und die zentralen Forderungen der Gegenseite informiert wird.

Das Verhandlungsteam besteht aus den Mitarbeitern, die an den physischen Verhandlungen teilnehmen. Bei Verkäufen besteht es in aller Regel aus dem M&A­-Verantwortlichen und einem Juristen. Je nach Größe des Projektes werden häufig externe Juristen und eine Investmentbank in das Verhandlungsteam aufgenom­men. Mitarbeiter des Targets sollten bei Verkäufen aufgrund von Interessenkonflikten nicht direkt in die Verhandlungen einbezogen werden. Bei Käufen ist es durchaus ratsam, neben dem M&A-­Verantwortlichen und dem Juristen einen Verantwortlichen der aufneh­menden Gesellschaft mit am Tisch zu haben. Die Verhandlungsführung sollte von dem M&A­-Verant­wortlichen gemeinsam mit dem Juristen übernommen werden.

Das Expertenteam hält sich während der Verhand­lungen grundsätzlich im Hintergrund und unterstützt das Verhandlungsteam fachlich. Das Expertenteam sollte idealerweise folgende Funktionen abdecken:

  • Steuern
  • Finanzen
  • Bilanzen
  • Versicherungen
  • IT
  • Pensionen
  • Personal
  • je nach Art der Transaktion und Branche auch Umwelt, Technologie, Patente, Wettbewerbsrecht etc.

In M&A­-Verhandlungen wird regelmäßig auf Basis eines von einer Seite vorbereiteten Vertragsdokuments verhandelt. Dabei ist sicherzustellen, dass sämtliche Mitglieder des Verhandlungsteams einschließlich des Expertenteams die aktuellste Version der Vertrags­dokumente mit genügend Vorlauf zu den Verhand­lungen erhalten, um fachlichen Input liefern zu können. Der Input wird vom Verhandlungsteam konsolidiert und geht in die Vorbereitung der einzelnen Ver hand­lungspunkte ein. Das Verhandlungsteam sollte sich zur Vorbereitung der Verhandlungen zu folgenden Themen abstimmen:

  • Vorgaben des Managements und Verhandlungs­strategie
  • Verantwortlichkeiten und Aufgabenverteilung im Verhandlungsteam
  • Inhaltliche Abstimmung zu den Verhandlungs­punkten
  • Umgang mit möglicherweise kritischen Verhand­lungsthemen
  • Kommunikation im Team (Time­outs, Verhalten bei Uneinigkeit im Team etc.)

Für die physischen Verhandlungen ist zumindest die telefonische Verfügbarkeit der Experten sicherzu­stellen. Aus den Verhandlungen ergeben sich regelmä­ßig Fragestellungen, für die die inhaltliche Unterstüt­zung durch Fachexperten notwendig ist.

2.3 Informationen zusammentragen

Informationen über das Gegenüber am Verhandlungs­tisch können sehr hilfreich sein, um die Verhand­lungsstrategie und die Motive der Gegenseite zu ergründen. Interessant ist neben der Teamzusammen­setzung des Verhandlungspartners auch dessen Be­ratereinsatz in den Verhandlungen. Manchmal lässt sich daraus eine Schwerpunktsetzung herauslesen. Jegliche Informationen, die man im Vorfeld über das Verhandlungsteam der Gegenseite herausfinden kann, können der eigenen Vorbereitung dienen. Auf jeden Fall sollten im Vorfeld die Verhandlungsteilnehmer ein­schließlich Jobtitel und Funktion im Prozess erfragt wer­den. Der Verkäufer sollte vor den Verhandlungen den letzten Angebotsbrief des Käufers noch einmal intensiv studieren, der Käufer den Prozessbrief des Veräußerers. Aus beiden Dokumenten lassen sich die Schwerpunkte und Prioritäten des Verhandlungspartners ableiten. Für den Verkäufer ist es hilfreich, sich die Due­-Diligence­-Schwerpunkte des jeweiligen Kaufinteressenten vor den Verhandlungen anzusehen. Themen, die in der Due Diligence intensiv untersucht wurden, spielen bei den Vertragsverhandlungen häufig eine wichtige Rolle.

3.4 Verhandlungsstrategie festlegen

Die Verhandlungsstrategie hängt ganz wesentlich von folgenden Faktoren ab:

  • Verhandlungsmacht
  • Motive/Ziele
  • Qualität des Transaktionsobjekts
  • Transaktionsprozess
  • Kauf vs. Joint Venture
  • Sellside vs. Buyside

Die Verhandlungsmacht hängt davon ab, ob eine Verhandlungsseite viele gute Alternativen hat, glaub­würdig ist, über hohes Fachwissen verfügt und die Möglichkeit zu Sanktionen besitzt. Handelt es sich um einen Notverkauf oder wird eine Ertragsperle verkauft, die nicht mehr zum Kerngeschäft gehört? Als Bieter in einer breiten Auktion mit Konkurrenz im Prozess wählt man eine andere Strategie als bei einer One-­to­-One­-Verhandlung ohne Wettbewerb. Entscheidend ist auch, wie sich das Verhältnis der Verhandlungsparteien nach den Verhandlungen gestaltet. Beim Verkauf geht man nach Closing getrennte Wege. Bei Gründung eines Joint Ventures fängt die eigentliche Zusammenarbeit nach dem Closing erst an. Es macht wenig Sinn, den Joint­-Venture­-Partner mit einer aggressiven Strategie an die Wand zu drücken und damit die zukünftige Zusam­menarbeit zu belasten. Ganz wesentlich ist, ob man auf Kauf­ oder Verkaufsseite sitzt. Als Käufer wird man ver­suchen, zügig Exklusivität zu bekommen. Der Verkäufer möchte so lange wie möglich Wettbewerb im Prozess gewährleisten und richtet seine Strategie darauf aus.

Es ist zu empfehlen, sich die oben aufgeführten Faktoren für die individuelle Verhandlungssituation zu vergegen­wärtigen und darauf basierend in Abstimmung mit dem finalen Entscheider ganz bewusst eine adäquate Strategie vorzugeben und im Team zu kommunizieren.

3.5 Vorbereitung der Verhandlungspunkte

In M&A-­Verhandlungen liegen vor der ersten physi­schen Verhandlung regelmäßig Entwürfe der Ver­tragsunterlagen vor, die Gegenstand der Verhandlung sind. Verhandelt wird in aller Regel auf Basis erster Anpassungen durch den Empfänger des ersten Vertragsentwurfs (erster „Mark­up“). Dadurch hat man einen guten Überblick über die strittigen Punkte und eine gute Grundlage zur Vorbereitung der eigenen Verhandlungsposition. Es ist darauf zu achten, dass nach Erhalt des Mark­ups genügend Zeit bleibt, die Verhandlungen vorzubereiten.

Zur Vorbereitung bietet es sich an, die strittigen Punkte in drei Kategorien zu unterteilen. Grün (unkritische Punkte), Gelb (kritische Punkte) und Rot (Dealbreaker). In der roten Kategorie sollten idealerweise sehr wenige Punkte beziehungsweise am besten gar keine Elemente stehen. In der grünen Kategorie können zum Beispiel einfache Formulierungsthemen oder Klarstellungen aufgenommen werden, die inhaltlich unbedeutend sind. Letztere können in der Verhandlung zugestanden werden. Jeder substanzielle, strittige Punkt ist in der gel­ben Kategorie einzuordnen. Für diese Punkte sollte im ersten Schritt eine Argumentation vorbereitet werden, um sie in der Verhandlung argumentativ zu verteidigen. Im nächsten Schritt kann schon überlegt werden, gegen welchen anderen Verhandlungspunkt oder in welchem Paket ein Punkt gegen andere Verhandlungspositionen eingetauscht werden kann. Punkte aus der gelben Kategorie müssen vor einer Aufgabe immer argumen­tativ verteidigt und dürfen nie ohne Gegenleistung auf­gegeben werden.

Als letzter Vorbereitungsschritt sollte überlegt werden, wie wichtig die einzelnen Punkte für den Verhand­lungspartner sein könnten und mit welchen Argumen­ten er auf unsere Argumentation möglicherweise reagieren wird.

Sehr nützlich für die Vorbereitung der einzelnen Verhandlungspunkte ist ein Format mit einer Zeile pro strittigem Thema und der folgenden Spaltenstruktur:

  • Position der Gegenseite
  • eigene Position
  • Argumentation
  • Erläuterung/Anmerkungen

Dieses Format kann gut als Hilfsmittel in die Verhandlung mitgenommen werden.

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