3. Inhalte der M&A-Richtlinie – Best Practice durch Beschreibung und Standardisierung des M&A-Prozesses
3.5 M&A-Prozessablauf
Zentraler Inhalt der Richtlinie ist die Beschreibung und Festlegung der Aufbau- und Ablauforganisation von M&A-Projekten. Die Aufbauorganisation beschreibt im Wesentlichen die Projektstruktur und die Aufgaben der einzelnen Projektteams. Häufig anzutreffen ist eine dreistufige Projektstruktur, bestehend aus Lenkungsausschuss („Steering Committee“), Projektleitung und Fachfunktionen. Der Lenkungsausschuss ist das Entscheidungsgremium, bei dem alle relevanten Informationen zusammenfließen und sämtliche wichtigen Projektentscheidungen getroffen werden. Es ist von zentraler Bedeutung, das Steering Committee mit oberen Führungskräften zu besetzen. Je nach Projektgröße sollte der Ressortvorstand, der CEO der kaufenden Einheit, der M&A-Leiter, der Leiter Controlling und der Leiter Recht vertreten sein. Die Projektleitung sollte von einem Mitarbeiter der M&A-Abteilung übernommen werden. Dieser koordiniert die tägliche Projektarbeit, stellt M&A-Werkzeuge zur Verfügung, führt die externen Berater und bereitet die Entscheidungsvorlagen für das Steering Committee und den Vorstand vor. Die Fachfunktionen als Experten ihrer einzelnen Disziplinen geben inhaltlichen Input und sind bei Akquisitionen unter anderem für die Erstellung der Due-Diligence-Berichte verantwortlich, bei Veräußerungen unterstützen sie unter anderem die Erstellung der Marketingdokumente sowie des Datenraums und stehen als Experten für die Verhandlungen und die Beantwortung von Fragen der Bieter zur Verfügung.
Die Ablauforganisation sollte beschreiben, wie das Projektteam in jeder Prozessstufe miteinander zusammenarbeitet, in welcher Form miteinander kommuniziert wird und welche Verantwortlichkeiten bestehen. Dabei kann in der M&A-Richtlinie vorgesehen werden, wie oft und zu welchem Zeitpunkt das Steering Committee tagt, wie die einzelnen Teams miteinander und mit der Projektleitung kommunizieren, wie die Due Diligence organisiert wird etc. Für die Kommunikation können Jour Fixes eingerichtet und Formatvorlagen festgelegt werden, die als Anhang der M&A-Richtlinie beigefügt werden können.
3.6 Projektbudget
Die M&A-Richtlinie kann Regelungen zum Projektbudget vorsehen. Wer ist für die Aufstellung des Budgets verantwortlich? Wer gibt das Budget frei? Wer kontrolliert Kosten und gibt die Rechnungen frei? Dies sind Themen, die Organisationen lange und vor allem immer wieder von Neuem beschäftigen können. Eine klare Regelung in der M&A-Richtlinie vermeidet Missverständnisse und schont Ressourcen.
3.7 Externe Berater
Für den Umgang mit externen Beratern können Regelungen aufgenommen werden. Wer ist Ansprechpartner der Berater und unterhält die Kontakte? Wer vergibt die Mandate? Gibt es einen internen Key Account für einzelne Berater? In der Regel profitieren ausschließlich die externen Berater von mangelnder Abstimmung auf Unternehmensseite.
3.8 Post-Merger-Integration
Je nach Unternehmensorganisation können Bestimmungen zu Post-Merger-Integration aufgenommen werden. Ist die Post-Merger-Integration nicht in der M&A-Abteilung angesiedelt, so sollte die M&A-Richtlinie eng mit der Post-Merger-Integration-Richtlinie abgestimmt werden und zumindest Regelungen enthalten, die sicherstellen, dass ein reibungsloser Übergang von M&A-Projekt zu Post-Merger-Integration-Projekt stattfinden kann. Zum Beispiel kann vorgesehen werden, dass in das Projektteam von Anfang an ein Post-Merger-Integration-Verantwortlicher aufgenommen wird.
Die genannten Themenbereiche sind nicht als erschöpfende Aufzählung zu verstehen. Insbesondere sollte wie bereits erwähnt separat auf Veräußerungsprozesse ein-gegangen werden und ergänzende, individuelle Regelungsbedürfnisse eines jeden Unternehmens Berücksichtigung finden. Abbildung 1 enthält eine mögliche Gliederung einer M&A-Richtlinie.
4. Erstellung und Implementierung – mit dem kooperativen Ansatz zum Erfolg
Für die Wirksamkeit und den Erfolg der M&A-Richtlinie ist die Akzeptanz in der Organisation maßgeblich. M&A stellt für Top-Manager ein wichtiges und interessantes Betätigungsfeld dar, bei dem es nicht selten zu Interessenkonflikten kommen kann. Umso wichtiger ist die Kenntnis und Akzeptanz der Inhalte der M&A-Richtlinie in der oberen Führungsebene der Gesellschaft und vor allem in den dezentralen Einheiten und Tochterunternehmen.
Die Akzeptanz für eine neu einzuführende oder in wesentlichen Teilen zu überarbeitende Richtlinie wird gefördert, wenn den Adressaten der Richtlinie die Möglichkeit gegeben wird, ihre Ideen und Vorstellungen einzubringen. Eine gute M&A-Richtlinie kommt nicht ohne den Beitrag der operativen Einheiten aus. Gerade bei diversifizierten Unternehmen mit unterschiedlichen Geschäftsmodellen ist es unerlässlich, den Besonderheiten der Unternehmenseinheiten Rechnung zu tragen. Dies ist nur möglich durch frühe Einbeziehung von Entscheidungsträgern aus den dezentralen, operativen Einheiten. Abbildung 2 enthält ein Phasenmodell zur Erstellung und Implementierung einer M&A-Richtlinie.
Konzepterstellung und Sign-off:
Der erste Entwurf der Richtlinie sollte durch die M&A-Abteilung erstellt und frühzeitig mit dem M&A-Verantwortlichen in der Unternehmensleitung besprochen werden. Nach dessen Feed-back ist zu empfehlen, zeitnah die gesamte Unternehmensleitung einzubinden.
Adressaten-Workshops:
Nach der grundsätzlichen Freigabe des Entwurfs können Workshops mit den zentralen und dezentralen Einheiten durchgeführt werden, um deren Erfahrungen und Anmerkungen einfließen zu lassen. Die Herausforderung ist hier nicht selten, dass ein sinnvoller Kompromiss zwischen den Vorstellungen der dezentralen Einheiten und der Zentrale gefunden werden muss. Parallel zu den Diskussionen mit Unternehmensleitung, zentralen und dezentralen Einheiten wird die M&A-Richtlinie entsprechend den neuen Erkenntnissen inhaltlich weiterentwickelt. Die finale, idealerweise mit allen abgestimmte Version wird der Unternehmensleitung zur Genehmigung vorgelegt.
Roll-out:
Zur Implementierung der neuen Richtlinie nach der Verabschiedung durch die Unternehmensleitung empfehlen sich wiederum Workshops mit allen am M&A-Prozess beteiligten Personen in den dezentralen und zentralen Einheiten, um die Inhalte und deren praktische Anwendung zu erklären. Die Richtlinie sollte für jede operative Unternehmenseinheit einen Ansprechpartner benennen, der bei weitergehenden Fragen oder Klärungsbedarf in der praktischen Umsetzung Auskunft geben kann.
Von der Erstellung des ersten Konzeptentwurfs bis zur Implementierung können vier bis sechs Monate vergehen. Die Zeit ist gut investiert, wenn die M&A-Richtlinie nach dem beschriebenen kooperativen Vorgehen breite Kenntnis und Akzeptanz im Unternehmen genießt.
5. Fazit
M&A-Transaktionen gehören zu den komplexesten Prozessen in einem Unternehmen mit zahlreichen unternehmensinternen und unternehmensexternen Beteiligten mit unterschiedlichsten Interessen. Daher ist es für den Erfolg einer M&A-Transaktion unerlässlich, klare Regelungen von Aufgaben und Verantwortlichkeiten im M&A-Prozess festzulegen. Neben der reinen M&A-Governance kann die M&A-Richtlinie bei richtiger Ausgestaltung und Implementierung ein wesentliches Werkzeug zur Professionalisierung der M&A-Funktion im Unternehmen darstellen.
Inhaltlich sollte die Richtlinie hierfür ausführlich gehalten werden und auf die Aufgaben und Verantwortlichkeiten jeder Prozessstufe eingehen. Anhänge zur Richtlinie können relevante Zusatzinformationen in Form von Format- und Mustervorlagen enthalten. Damit trägt die Richtlinie wesentlich zum Aufbau, Erhalt und Transfer von M&A-Know-how im Unternehmen bei und kann einen maßgeblichen Anteil an der erfolgreichen Durchführung von M&A-Transaktionen leisten.
[ Ende TEIL 3, Ende des Artikels ]
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