Joint Venture als Vehikel für den Markteintritt der E.ON AG in Brasilien – Teil 4/4

5. Wesentliche vertragliche Regelungen

Mit dem Ziel der Gründung eines auf Dauer angelegten Joint Ventures war es besonders wichtig, Regelungen zu finden, die diesem Ziel gerecht wurden. Von besonderer Bedeutung hierfür sind zum einen faire und ausbalancierte Regelungen zur Corporate Governance und Change of Control und zum anderen klare Exit- und Dead lock-Bestimmungen. Je nach Ausgestaltung der Exit- und Deadlock-Regelungen haben diese eine disziplinierende Wirkung auf die Parteien und damit – auch wenn dies auf den ersten Blick nicht auf der Hand liegt – einen wesentlichen Einfluss auf die Lebensdauer eines Joint Ventures.

Die Corporate-Governance-Regelungen bezogen sich auf zwei Ebenen. Zum einen auf das Joint Venture Board of Directors bestehend aus gleich vielen Repräsentanten von E.ON und MPX und zum anderen auf das Joint Venture Executive Committee verantwortlich für das operative Geschäft unter der Aufsicht des Board of Directors. Durch die mangelnde Erfahrung E.ONs in Brasilien, die Distanz zur Zentrale sowie die lediglich begrenzt vorhandene Brasilien-Erfahrung des E.ON Managements vor Ort verlagerte man vergleichsweise viele Entscheidungsbefugnisse in das Board of Directors, um anfangs eine bessere Kontrolle der Joint-Venture-Aktivitäten zu gewährleisten. Um im Falle einer Beendigung des Joint Ventures nach einigen Jahren nicht Gefahr zu laufen, ohne nachhaltige Position in Brasilien dazustehen, sehen die Exit-Regelungen vor, dass beide Partner auch nach Beendigung des Joint Venture jeweils über ein eigenständiges, tragfähiges Kraftwerksgeschäft verfügen.

Auf Ebene von MPX erhielt E.ON durch die 10%-Beteiligung einen Sitz im Board of Directors. Die Regelungen bezüglich Corporate Governance, Exit, Deadlock und Change of Control bilden einen Kompromiss zwischen Flexibilität der Partner und Commitment zum Joint Venture.

6. Fazit

Das Joint Venture mit MPX war der erste signifikante Schritt in E.ONs strategischer Neuausrichtung, eine Erzeugungsposition in definierten Zielländern außerhalb Europas aufzubauen. Das Projekt genoss daher sowohl intern als auch extern nennenswerte Aufmerksamkeit und eine gewisse Erfolgserwartung.

Für den Erfolg von zentraler Bedeutung war die richtige Auswahl des Partners. Vor den Gesprächen mit MPX wurden auch Kooperationsmöglichkeiten mit anderen möglichen Partnern eruiert, aber regelmäßig verworfen, da die Markteintrittskriterien von E.ON nicht erfüllt wurden. Neben der richtigen Partnerwahl war die Organisation des Transaktionsteams und des M&A-Prozesses ein entscheidender Erfolgsfaktor: klare Regeln für die Verantwortlichkeiten im Team sowie für die interne und externe Kommunikation mit dem Partner, klar festgelegte und mit dem Verhandlungspartner vereinbarte Prozessschritte sowie fest definierte Entscheidungswege.

Eine Herausforderung war die richtige Auswahl des zukünftigen Joint-Venture-Personals. Dabei bestand die besondere Problematik, dass E.ON als im Kern europäisches Unternehmen keine ausreichenden Managementressourcen für ein umfangreiches Engagement in Südamerika zur Verfügung hat. Dennoch wurde Wert darauf gelegt, so viel E.ON-Personal wie möglich in das Joint Venture zu entsenden, um eine ausreichende Kontrolle der Aktivitäten zu ermöglichen, Personal zu entwickeln und auszubilden.

Aus Prozesssicht war es wichtig, in den Verhandlungen kritische Themen frühzeitig zu diskutieren und auszuräumen. Ein sehr nützliches Werkzeug dafür war das ausführliche Termsheet, das alle wesentlichen Themen des späteren Joint-Venture-Vertragswerks adressierte und im Ergebnis verhinderte, dass während der Joint-Venture-Verhandlung neue materielle Themen aufkamen.

Mit der Gründung des Bereichs E.ON International Energy wurde nicht nur das Commitment zur strategischen Neuausrichtung dokumentiert, sondern auch eine Einheit geschaffen, die Verantwortung für die Umsetzung der Strategie übernahm und wertvolle Expertise in den Zielmärkten aufbaute. Die erfolgreiche Verhandlung eines Joint-Venture-Vertrags sowie die Gründung des Joint Ventures sind wichtige Schritte. Letztendlich entscheidend für den langfristigen Erfolg des Joint Ventures ist, wie die operativ Verantwortlichen das Unternehmen führen und die Partnerschaft leben.

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