Einführung
Mit Verhandlungen ist es wie mit dem Autofahren. Sie werden kaum jemanden finden, der sagt, dass er ein schlechter Autofahrer sei. Leider sprechen die Unfallstatistiken eine andere Sprache. Genauso oft wie wir autofahren, befinden wir uns in Verhandlungssituationen. Angefangen von Verhandlungen mit den Kindern in Sachen Bettgehzeit über den privaten Autoerwerb bis hin zu beruflichen Verhandlungssituationen. Die Verhandlungen folgen dabei immer ähnlichen Prinzipien und Regeln. Die Verbesserung der Verhandlungskompetenz erfolgt in vielen Fällen durch „Learning by Doing“. Dabei bleibt nicht aus, dass man auch aus eigenen Fehlern lernen muss. Was im privaten Bereich oft verschmerzbar ist, kann im beruflichen Umfeld und besonders bei M&A-Transaktionen teuer und mitunter riskant für das eigene Unternehmen werden.
Der vorliegende Beitrag soll Anregungen für erfolgreiche M&A-Verhandlungen geben. Dabei liegt der Schwerpunkt weniger auf psychologischen Fragestellungen, sondern auf der Vermittlung von relevanten Fertigkeiten und Ratschlägen aus der Verhandlungspraxis.
M&A-Verhandlungen erfolgreich führen – Teil 1
Grundsätze erfolgreicher M&A-Verhandlungen
Bevor auf die einzelnen Phasen der Verhandlung eingegangen wird, vorangestellt einige allgemeine Grundsätze:
1.1 Die Verhandlung beginnt nicht erst am
Verhandlungstisch
Wer davon ausgeht, dass M&A-Verhandlungen erst am Verhandlungstisch starten, hat den ersten Fehler schon gemacht. In M&A-Prozessen kommunizieren die späteren Verhandlungspartner schon weit vor den eigentlichen Vertragsverhandlungen miteinander. Schon dabei beginnt ein subtiles Abtasten und Einschätzen des Verhandlungspartners und dessen Verhandlungsposition. Es ist wichtig, dies zu erkennen und entsprechend zu agieren.
1.2 Vorbereitung ist die halbe Miete
Gute Verhandlungsführer bereiten sich intensiv auf Verhandlungen vor. Sie sammeln Informationen über den Verhandlungspartner, bereiten alternative Verhandlungspositionen vor, haben notwendige Detailinformationen, zum Beispiel aus dem Datenraum, griffbereit und versuchen möglichst Motive, Argumente und Verhandlungspositionen des Gegenübers zu antizipieren. Eine gute Vorbereitung verschafft dem Verhandlungsführer unabhängig von seiner tatsächlichen Verhandlungsposition Vorteile am Verhandlungstisch.
1.3 Dokumentation der Verhandlungsergebnisse
Verhandlungen sind anstrengend und nervenaufreibend. Deshalb sollte man vermeiden, die gleichen Dinge mehrmals zu verhandeln. Dies geschieht aber immer dann, wenn man einmal getroffene Einigungen nicht klar fixiert und dokumentiert. Einigungen sollten daher zwischen den Parteien klar kommuniziert und zeitnah dokumentiert werden. Bei Zweifelsfragen zu einer Einigung ist es ratsam, diese unmittelbar anzusprechen und zu klären.
1.4 Verlässlichkeit und Glaubwürdigkeit stärken
die Verhandlungsposition
Für eine erfolgreiche Verhandlungsführung ist der Aufbau eines Vertrauensverhältnisses zum Verhandlungspartner von großer Bedeutung. Die Basis von Vertrauen ist Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit. Dies ist unabhängig von der Härte, mit der man verhandelt. Lieber einen harten Verhandlungsführer, der zu seinen Zusagen steht, als einen Verhandlungspartner, der schnell kompromissbereit ist, aber im Nachhinein Zusagen infrage stellt.
Abb. 1 • Teamstruktur und Aufgaben des Verhandlungs- und Expertenteams
1.5 Grundsätzlich keine parallelen
Kommunikationskanäle
Entscheidend für den Verhandlungserfolg ist eine stringente, klare Verhandlungslinie, die vom Verhandlungsführer vorgegeben wird. Oft nutzen Verhandlungspartner den direkten Zugang zu Entscheidern außerhalb des Verhandlungsteams, um wichtige Verhandlungspunkte am Verhandlungsteam vorbei zu platzieren. Nicht selten lassen sich Führungskräfte, die nicht mit allen Verhandlungsdetails vertraut sein können, zu Zusagen hinreißen, die die Strategie des Verhandlungsteams torpedieren. In der Verhandlung wird dann verlautet: „Diesen Punkt hat Herr Dr. XY gegenüber unserem Vorstand schon zugesagt.“ Sogenannte „Top-Level Calls“ zwischen den jeweiligen Geschäftsführungen können in Abstimmung mit dem Verhandlungsteam in gewissen Situationen sehr zielführend sein. Nicht abgestimmte Kommunikation außerhalb des Verhandlungsteams ist hingegen selten hilfreich.
1.6 Keine Einzelpunkte aufgeben
Je mehr strittige Punkte man als Gesamtpaket zusammenfassen kann, umso mehr Möglichkeiten hat man, eine Einigung zu gestalten. Eine Diskussion über die Höhe des Haftungs-Caps alleine ist relativ schnell erschöpft. Nimmt man in die Einigung noch die Höhe des „De-Minimis“, des „Baskets“ und die Verjährungsfristen auf, so ergeben sich viele Möglichkeiten für einen Kompromiss. Bei der Konzession von Einzelpunkten läuft man außerdem Gefahr, den Grundsatz der Reziprozität zu verletzten.
1.7 Kein Zugeständnis ohne Gegenleistung
(Reziprozität)
Der Grundsatz der Reziprozität besagt, dass man für jeden aufgegebenen Verhandlungspunkt etwas im Gegenzug erhalten muss. Punkte ohne Gegenleistung zu konzedieren, ist kein sinnvolles Signal des Einigungswillens, sondern dazu geeignet, die eigene Verhandlungsposition zu schwächen und beim Verhandlungspartner Misstrauen zu wecken.
1.8 Der finale Entscheider agiert im Hintergrund
Der finale Entscheider im Unternehmen sollte nicht Teil des Verhandlungsteams sein. Somit erhält man sich eine Eskalationsmöglichkeit, kann bestimmte strittige Themen „parken“ und steht nicht unter unmittelbarem Entscheidungszwang. Aussagen eines Verhandlungsführers können im Extremfall überstimmt werden, bei Entscheidungen des verantwortlichen Geschäftsführers oder Vorstands am Verhandlungstisch ist dies ohne massiven Gesichtsverlust oft nicht möglich.
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